Wie ein Schwarm kleiner, weißer Schmetterlinge schweben ihre Blüten überm Beet. So abgedroschen dieser Satz auch klingen mag, auf die Prachtkerze trifft er zu, denn zu ihrer Blütezeit, also vom Juni/Juli bis zum Frost, könnte man aus der Ferne tatsächlich glauben, es tanzte ein Schmetterlingsschwarm.
Eigentlich ist die Prachtkerze eine Modepflanze. Mitte der 2000er Jahre haben die Gärtner eine niedrig bleibende (der Chemie sei Dank!), rosa blühende Sorte als "Elfenbusserl" auf den grünen Markt gebracht und mit diesem Dauerblüher für die Topfkultur (Kästen, Kübel, Ampeln etc.) gepunktet. Das Interesse an der Gaura war geweckt, nicht zum Schaden der staudigen Gaura lindheimeri für den Garten, der in diesem Aufwasch verdient ebenfalls mehr Aufmerksamkeit zuteilwurde und -wird.
Noch Ende des 20. Jahrhunderts krähte – zumindest bei uns hier in Deutschland – kein Hahn nach ihr, heute haben sogar die Landschaftsgärtner und Gartenarchitekten die Gaura lindheimeri und ihre Vorzüge für sich entdeckt, allen voran die lange Blütezeit, ohne auch nur einen Finger krumm machen zu müssen.
In der Gattung Gaura – Prachtkerze (manchmal fälschlicherweise als Präriekerze bezeichnet, was aber eher die Camassia ist, die wiederum ganz korrekt Prärielilie heißt; ach ja!) – gibt es hauptsächlich einjährige, zweijährige und kurzlebige Arten. In unsere Gärten sowie ins Öffentliche Grün hat es lediglich die einigermaßen ausdauernde Gaura lindheimeri geschafft. Wenn man im Garten nicht zu sehr eingreift, bleibt sie sogar länger erhalten: Sie samt aus und die Samen fallen meist ziemlich in die Nähe des Pflanzen-Standorts. Aber es ist ebenso spannend zu beobachten, wo sonst noch eine Gaura aufgeht; lassen Sie sich überraschen. Auch wenn eine Prachtkerze immer wieder mal an Stellen auftaucht, wo man sie gar nicht hingepflanzt hat, wird sie übrigens nicht lästig: Was wirklich zu viel ist, kann ganz leicht entfernt werden.
Gaura lindheimeri (Prachtkerze) nach leichten Frösten
Die rötlich-grünen Blattrosetten und die rötlichen, anfangs sehr dünnen Triebe der Prachtkerze fallen wenig auf, eigentlich merkt man erst richtig, dass sie da ist, wenn sie blüht. Ab einer gewissen Höhe und je nach Wind und Regen biegen sich die Blütenstängel und legen sich wie ein Schleier über benachbarte Pflanzen. Das ist ein ganz bezaubernder Anblick, denn trotzdem stört nichts, und alles wirkt, als wäre es so konzipiert.
Und die Gaura blüht und blüht und blüht. Im Spätherbst blüht sie immer noch und läuft optisch noch mal zur Höchstform auf: Der Blütenschmuck wird zwar langsam schwächer, dafür "glänzen" die Stängel nach den ersten leichten Nachtfrösten mit einer besonders dunklen, intensiven Purpurrotfärbung.
Gaura lindheimeri (Prachtkerze) – Austrieb
Schwer zu sagen, wie winterhart die Gaura lindheimeri tatsächlich ist, denn so genau weiß man es nicht immer, ob das, was im Frühling austreibt (ab Ende März – je nach Witterung) die vom Vorjahr ist oder bereits ein Sämling. Anhand der Größe kann man ungefähr abschätzen, welcher Horst jünger und welcher schon älter ist. An den abgeschnittenen verholzten Stängelresten sieht man ebenfalls, welches Exemplar schon mal eine Blühsaison hinter sich gebracht hat. Dem in der Gartenliteratur veröffentlichten Tipp eines Gärtnerkollegen, die ganze Pflanze Ende August auf etwa zehn Zentimeter über dem Boden zurückzuschneiden, um das Ausreifen der Überwinterungsknospen zu fördern, kann ich nicht folgen:
Die Gaura (Prachtkerze) treibt nach sommerlichem Rückschnitt neu aus (hier Anfang Oktober)
Zum einen beraubte ich mich damit eine Weile der zauberhaften Gaura-Blüte. Zum anderen ist es nach meiner Erfahrung hauptsächlich Nässe, die den Pflanzen im Winter den Garaus macht. Und: Nach einem Rückschnitt im August setzt sich die Prachtkerze nicht einfach zur (Winter-)
Gaura lindheimeri (Prachtkerze) – Samenkapseln
Dass sich die Prachtkerze aussät, verhindert man mit so einem Ende-August-Kahlschlag übrigens nicht. Wie auch, wenn eine Pflanze im Juni, je nach Witterung spätestens im Juli zu blühen beginnt und laufend neue Blüten ansetzt, während nach und nach bereits die Samen der bestäubten Blüten reifen. Die einzig recht wirksame, doch sehr mühsame Methode, Selbstaussaat einzudämmen, ist das "Abernten" der Samenkapseln, solange sie noch grün sind: Streifen Sie dazu alle paar Tage mit der Hand und leichtem Druck die Kapseln von unten nach oben von den Blütenstielen. Was reif genug ist, fällt in die hohle Hand.
Gaura lindheimeri (Prachtkerze) – Sämlinge
Wenn Sie die Gaura selbst aussäen möchten: Den (geernteten) Samen (so wie er ist) kühl und trocken aufbewahren und im nächsten Frühjahr (Februar/
Stecklings-Vermehrung: Stecklinge lassen sich problemlos vom jungen Austrieb im Frühling machen. Einfach in Töpfchen mit Erde stecken und feucht halten – bei etwa 20 °C Bodentemperatur wurzeln und wachsen sie willig. Herbsttriebe, wie manchmal empfohlen, sind als Stecklinge theoretisch ebenfalls geeignet, doch wohin dann den ganzen Winter über mit den Pflanzen?
Gaura lindheimeri (Prachtkerze) Anfang Juli 2018
Der Pflegeaufwand für die Gaura lindheimeri ist im Garten minimal, selbst gießen muss man sie nur, wenn es lange – sehr lange – nicht geregnet hat. Die Prachtkerze ist halt äußerst tolerant gegenüber Trockenheit. Wie tolerant, das habe ich im extrem trockenen Jahr 2018 im Bild festgehalten. Zwischen dem Foto von Anfang Juli und der Aufnahme von Mitte Oktober liegen dreieinhalb Monate mit insgesamt gerade mal 100 Liter Regen pro Quadratmeter; und das bei der Hitze!
Gaura lindheimeri (Prachtkerze) Mitte Oktober 2018
Zusätzlich gegossen wurde die Pflanze in dieser Zeit nicht. Und schon vorher war ihre Wasserversorgung nicht sonderlich üppig, seit ihrem Austrieb Anfang April hatte es bis Anfang Juli lediglich 144 Liter pro Quadratmeter geregnet; auch in dieser Zeit musste sie ohne zusätzliches Wasser auskommen.
Zu viel Feuchtigkeit macht ihr mehr zu schaffen als zu wenig, sie verträgt es nicht gut, wenn sie "nasse Füße" hat. Nässe, besonders Staunässe, sollte am Standort deshalb vermieden werden, das gilt genauso für kalkhaltigen Boden (ideal ist ein PH-Wert zwischen 5,5 und 6,2). Übermäßig viele Gedanken sollte man sich über den richtigen Platz jedoch nicht machen, die Gaura ist bescheiden und hart im Nehmen. Über ein sonniges Plätzchen freut sie sich hingegen sehr, mehr als über einen halbschattigen Standort.
Gaura lindheimeri (Prachtkerze) – die Blattflecken sind normal
Die kleinen, dunklen Flecken bzw. Punkte auf den Blättern sollten einen übrigens nicht ins Grübeln bringen. Die sind bei der Gaura lindheimeri normal. Mich bringt aber etwas anderes ins Grübeln, nämlich wenn ich lese, die Blütenstände der Prachtkerze gehörten regelmäßig ausgeputzt (wie man Balkonpflanzen wie Geranien oder Petunien ausputzen, also Verblühtes entfernen sollte). Wie soll ich das machen? Was darf ich mir darunter vorstellen? Eine Einzelblüte der Gaura hält in der Regel einen Tag. Sie blüht also morgens auf und ist abends (rosa verfärbt) verblüht. Die Blütenblätter fallen dann einfach ab. Was soll ich also zupfen? Es ist schon krass, was man allerweil so zu lesen und geraten bekommt!
Schädlinge und Krankheiten sind mir an und bei der Prachtkerze keine bekannt, obwohl ich davon sonst im Garten selten etwas auslasse. Schnecken beachten ihre Blattrosetten nicht, sie sind ihnen wohl nicht zart genug. Blattläuse haben sich im Freiland noch nie an einer Gaura blicken lassen. (Lediglich an Exemplaren, die im frostfreien Gewächshaus überwintert wurden, sind gelegentlich welche aufgetaucht.) Läusebefall könnte ich mir höchstens in Jahren mit sehr hohem Befallsdruck vorstellen, dann nämlich, wenn man als Blattlaus alles sein darf, bloß nicht wählerisch.
Etwas mehr Interesse weckt Gaura lindheimeri bei den "Guten", als "Bienenweide" kann man sie dennoch nicht bezeichnen. Von den tagaktiven Insekten (wie es sich mit den nachtaktiven oder in anderen Regionen Deutschlands verhält, entzieht sich meiner Kenntnis) sind vornehmlich Honigbienen, also Zuchtbienen auf ihr zu sehen. Die übrige Insektenschar hält sich vornehm zurück. Immerhin eine Wildbiene habe ich bei mir im Garten beim Pollen-Sammeln auf der Gaura beobachtet: Megachile willughbiella, die Garten-Blattschneiderbiene.
Megachile willughbiella (Weibchen) sammelt Pollen von Gaura lindheimeri (Prachtkerze)
Diese Wildbiene (nur die Bienenweibchen sammeln Pollen für die Brut) stellt das ganz geschickt an: Sie umklammert die lang herabhängenden Staubfäden mit den Mittel- und Hinterbeinen und lagert den Pollen von den Staubgefäßen in ihre Bauchbürste (Transportvorrichtung aus starren Haaren auf der Unterseite des Hinterleibs) um. Die Garten-Blattschneiderbienen nisten in morschem Holz oder in der Erde (sie graben selbst Nistgänge), wenn es sich anbietet, nutzen sie jedoch auch vorgefundene Hohlräume. Megachile willughbiella ist nicht auf eine Pflanzenfamilie als Pollenlieferant angewiesen. In verschiedenen Glockenblumen (Familie: Campanulaceae) oder Fetthennen (Familie: Crassulaceae) zum Beispiel findet sie ebenfalls geeignete Pollenquellen. Anzutreffen ist diese Wildbienen-Art Ende Juni bis Ende August.
Selbst wenn die Gaura nicht unbedingt der Renner bei Insekten ist, gehört sie in unsere Gärten. Denn solange die Mischung stimmt und die Prachtkerze im Garten nur eine hübsche, grazile Ergänzung zu Insektenmagneten wie der Riesen-Skabiose (Cephalaria gigantea), Ehrenpreis-Arten (Veronica), Astern (Aster, Eurybia, Galatella und Symphyotrichum), Purpur-Sonnenhut (Echinacea purpurea), Glockenblumen (Campanula) und Edeldisteln/
Lust auf weitere Informationen zum Thema Wildbienen? Dann lesen Sie meinen Artikel Wildbienen im Stauden-Garten.
Gaura lindheimeri (Prachtkerze) flankiert Calamagrostis brachytricha (Diamant-Reitgras, Diamantgras)
Wohlgemerkt, alle meine Beobachtungen beziehen sich auf die Art Gaura lindheimeri. Zu Sorten kann ich nichts sagen, damit habe ich kaum Erfahrungen. Lediglich mit den niedrigen (meist rein rosa blühenden) Züchtungen aus dem Balkonpflanzensortiment (im Freiland nicht winterhart), das nur im Frühling angeboten wird. Den Gärtnern und anderen Händlern ist es natürlich am liebsten, wenn diese Pflanzen jedes Jahr neu gekauft werden, doch sie lassen sich hell und möglichst kühl, aber frostfrei (so um die 5-10 Grad plus) in Töpfen oder gleich in den Kübeln überwintern. Moderne Keller sind dafür in der Regel zu warm, gut eignen sich jedoch Garagen oder Schuppen mit Fenstern, die frostfrei gehalten werden. Alle paar Tage brauchen solche Überwinterungsgäste einen Schluck Wasser zum Überleben. Und um Kübelpflanzen aufs Überwintern vorzubereiten, stellt man im September das Düngen ein.
Falls Sie nun neugierig auf das anmutige nordamerikanische Multitalent geworden sind und die Gaura im Garten ansiedeln wollen, sollten Sie sich im Fachhandel nicht nur nach einer Gaura lindheimeri umsehen, sondern auch nach einer Oenothera lindheimeri. Einige Wissenschaftler haben die Gaura lindheimeri nämlich in die Gattung Oenothera (Nachtkerze) umquartiert und manche Gärtnereien sind dieser Auffassung gefolgt und führen die Prachtkerze deshalb unter Oenothera lindheimeri.
Wuchshöhe: | 80-150 cm, Einzeltriebe bis 170 cm |
Blütenfarbe: | weiß bis rötlichweiß |
Blütezeit: | Juni, Juli, August, September, Oktober, November |
Lichtverhältnisse: | sonnig |
Bodenverhältnisse: | trocken |
Verwendung: | |
Hinweis: | eventuell Schutz vor Winternässe |