Oenothera macrocarpa – Missouri-Nachtkerze
Es gibt so viele Nachtkerzen-Arten, doch die meisten davon eigenen sich nur bedingt für die Gartenkultur, weil sie zweijährig oder in Deutschland nicht winterhart sind oder nur nachts blühen. Letzteres kann natürlich sehr reizvoll sein, ist aber nicht jedermanns Sache.
Die meisten Pflanzen aus dieser Gattung sind irgendwann aus Nord- und Südamerika über den großen Teich geschwappt. In Europa finden sich etliche in der Natur verwilderte Arten, die aus Gärten ausgebüxt sind, etwa Oenothera biennis (Gewöhnliche bzw. Zweijährige Nachtkerze), die inzwischen in Deutschland ein etablierter Neophyt ist.
Oenothera fruticosa – Rotstängelige Nachtkerze
Was fängt man nun aber an im Garten mit Pflanzen, die sehr kurzlebig sind oder nur nachts blühen? Zugegeben – herzlich wenig, wenn man nicht gerade Sammler ist. Aber es gibt ja auch die ausdauernden (also die zuverlässig winterharten und mehrjährigen) Nachtkerzen, und die gehören unbedingt in unsere Gärten – wenigstens eine Art in jeden!
Für tagfliegende Insekten spielen Oenothera bei uns keine große Rolle, selbst wenn es sich um auch am Tag blühende Arten handelt. Die Bestäubung der Nachtkerzen erledigen Nachtfalter, die zudem über "Spezialwerkzeug" verfügen, um an den Nektar der Nachtkerzen zu kommen: einen langen Saugrüssel.
Manchmal schenkt man Pflanzen jahrelang keine besondere Beachtung – bis man über sie schreibt. Man nimmt es einfach hin, dass sie da sind und merkt nicht, wie schön und wunderbar vielseitig sie eigentlich sind, bis man versucht, sie zu beschreiben.
Oenothera biennis ist "bloß" eine zweijährige Pflanze, aber durchaus eine sinnvolle Ergänzung für Gärten, in denen es vernachlässigte Ecken gibt oder solche, die man gegen etwas (z. B. Blicke) abschirmen möchte, ohne laufend Arbeit mit der Pflege der Pflanzen zu haben.
Stattlich ist sie, die Gewöhnliche Nachtkerze, das fällt als Erstes auf. Gut einsfünfzig Wuchshöhe ist bei ihr keine Seltenheit, zumal wenn sie an nicht zu trockenen Standorten ihr Zuhause gefunden hat; vor allem austrocknen sollte der Boden nicht, zumindest nicht immer wieder. Falls es doch passiert, leiden die Wuchskraft und die Blühfreude. Volle Sonne schätzt sie sehr, wenn aber nicht, dann nicht, dann wächst man halt im Halbschatten. Sie merken es: Oenothera biennis ist ein Ausbund an Toleranz!
Oenothera biennis (Gewöhnliche Nachtkerze) mit Echinacea purpurea (Roter Scheinsonnenhut)
Mit Dünger wird solch einem "Mitläufer" wohl niemand kommen. Braucht's auch nicht, so viel Stickstoff, wie Oenothera biennis benötigt, hält jeder normale Gartenboden vor. Eher das Gegenteil könnte der Fall sein, dass nämlich der Boden zu stickstoffreich ist. Das muss man ausgehen, bei mir gedeiht sie selbst neben dem Kompost prächtig, ist also in diesem Punkt ebenfalls sehr flexibel.
Am Abend (18°°‑19°° heißt es, nirgends ist jedoch erläutert, ob es sich bei dieser Angabe um die Normalzeit oder die Sommerzeit handelt) machen die Knospen auf und jede einzelnen Blüte hat dann gerade mal eine Nacht und einen Tag, bis sie verblüht ist. Das genügt, um bestäubt zu werden (in der Regel von Nachtfaltern) und Unmengen an Samen zu produzieren.
Oenothera biennis (Gewöhnliche Nachtkerze) – Sämling
Kein Wunder, dass diese Nachtkerze – Amerika ist ihre ursprüngliche Heimat – bereits Anfang des 17. Jahrhunderts in unsere Natur entkommen konnte und überall in Deutschland verbreitet ist. Sie ist demnach ein Neophyt, was allerdings manche Wissenschaftler ignorieren und sie – ob der langen Zeit, in der sich Oenothera biennis in der Natur bei uns selbst erhält – als einheimische Pflanze behandeln. (Allgemeingültig festgelegt wurde eigentlich, dass alle Pflanzen als Neophyten gelten, die nach 1494 in einem Land natürlich vorkommen).
In früherer Zeit sicher häufiger, heute vermutlich nur noch selten, ergänzte die fleischige Pfahlwurzel der Gemeinen Nachtkerze unter der Bezeichnung "Rhapontikawurzel" den Speiseplan unserer Altvorderen, indem sie ein Gemüse daraus zubereiteten; vermutlich vergleichbar mit Karotten- oder Pastinakengemüse. Wer es ausprobieren will – von mir haben Sie diesen Tipp nicht!
Einmal in Garten, immer in Garten, so lässt sich das Verhalten der Oenothera biennis am besten beschreiben. Wir versuchen zwar, alles Verblühte vor der Samenreife zu entfernen, doch das gelingt uns nur mäßig. Logisch, wenn eine Blüte einen Tag hält und die Pflanze von Juni bis Oktober blüht … Erst wenn die letzten dicken Stängel ganz unten mit der Astschere abgeschnitten sind, weicht die Gefahr der Selbstaussaat. Oder sagen wir besser: Nachdem die abgeschnittenen Stängel zum Kompost transportiert sind, denn unterwegs verliert man garantiert noch Samen. Und wo so ein Samenkorn hinfällt, da keimt es, meistens. Und im Jahr darauf muss man wieder um so ein riesiges Monstrum rumlaufen. Vielleicht auch erst zwei oder drei oder mehr Jahre später, weil Gewöhnliche Nachtkerzen (mehrjährig) hapaxanth sind: Wenn zu viele Sämlinge auf einem Fleck keimen oder die Konkurrenz von anderen Pflanzen zu groß ist, "warten" diese Nachtkerzen ab, bis sie ihre Chance bekommen (blühen und anschließend absterben), also so lange, bis der Konkurrenzdruck nachlässt. Geduld muss man haben!
Wuchshöhe: | 80-160 cm |
Blütenfarbe: | gelb |
Blütezeit: | Juni, Juli, August, September, Oktober |
Lichtverhältnisse: | sonnig-halbschattig |
Bodenverhältnisse: | frisch |
Verwendung: | |
Hinweis: |
Seit über 15 Jahren steht die Rotstängelige Nachkerze nun schon bei mir im Garten am selben Patz. Mit der Zeit hat sie den Horst mit ihren kurzen Ausläufern ein bisschen vergrößert, aber nicht die Welt. Ich bitte jedoch zu bedenken, dass das in zusagenderen Böden als meinem Lehm-Substrat ganz anders aussehen kann. Oenothera fruticosa sät sich zudem bei mir nicht aus.
Ideal sind für sie frische Böden, die zwar zeitweise mal trocken sein dürfen, aber nicht laufend. Wer nicht so gern gießt, kann deshalb für Oenothera fruticosa einen halbschattigen Standort wählen, der durch die verringerte Sonneneinstrahlung automatisch die Feuchtigkeit besser und länger hält. Sonnige Plätze taugen ihr allerdings schon besonders gut, und wer es zeitlich einrichten kann, sollte lieber einmal öfter zur Gießkanne greifen, statt sie halbschattig zu pflanzen.
Oenothera fruticosa (Rotstängelige Nachtkerze) im Herbst
Ihre großen, gelben Schalenblüten, die wunderbar mit den kupferfarbenen Knospen korrespondieren, sind im Sommer ein Highlight im Garten. Damit Oenothera nicht blühfaul wird, sollte man auf die Düngerversorgung achten; Düngermangel wird hier gnadenlos abgestraft, und das wäre mehr als schade, weil es erst im nächsten Jahr zu reparieren ist.
Der "mineralreiche" Boden, den Oenothera fruticosa braucht, ist praktisch jeder normale Gartenboden mit Ausnahme besonders "mooriger" und sandiger Böden. Die Vermehrung dieses klassischen Sommerblühers erfolgt über Aussaat und Teilung. Beste Ergebnisse erzielen Sie bei Aussaat des im Vorjahr gewonnenen Saatguts im Mai; die Aussaatkistchen werden bei ca. 20 °C aufgestellt – um diese Jahreszeit gern auch im Freien – und gleichmäßig feucht gehalten. In Töpfchen vereinzeln, sobald die Keimlinge gut zu greifen sind. Bis zum Herbst sollten die Jungpflanzen groß und kräftig genug sein, um ausgepflanzt werden zu können. Geteilt werden die Pflanzen im Frühjahr – nachdem sie angetrieben haben – oder nach der Blüte (Verblühtes zurückschneiden und nach dem erneuten Austrieb teilen). Größere Teilstücke dürfen gleich an die vorgesehenen Pflanzplätze, brauchen Sie mehr Pflanzen und teilen Sie in kleinere "Portionen", sollten die Teilstücke zunächst getopft und eine Weile aufgepäppelt werden, ehe sie ausgepflanzt werden.
An geeigneten Pflanzpartnern für eine Sonnentropfen-Nachtkerze (Wer sich diesen Namen wohl einfallen hat lassen?) mangelt es nicht. Bei mir hat sie unter anderem die wichtige Aufgabe, die unschöne Lücke zu kaschieren, die ein nebenstehender Orientalischer Mohn (Papaver orientale) reißt, wenn er nach der Blüte einzieht, doch das ist eine Spezialaufgabe.
"Oenothera fruticosa (Rotstängelige Nachtkerze) mit Heuchera 'Palace'Purple' (Rotblättriges Purpurglöckchen) und Dracocephalum ruyschiana (re. Nordischer Drachenkopf)
In der Regel wird Oenothera fruticosa zur "Unterpflanzung" hoher Stauden (z. B. Baptisia australis, die Indigolupine) dienen (in gebührendem Abstand) oder halbhohe Stauden begleiten und ergänzen, etwa Phlox x arendsii-Sorten (Frühsommer-Phlox – an halbschattigen Plätzen) oder Liatris spicata (Prachtscharte – wenn dem Gärtner oder der Gärtnerin diese "knallende" Farbzusammenstellung gefällt) und Penstemon digitalis (Fingerhut-Bartfaden) beispielsweise. Sehr attraktiv ist im Übrigen ein Pflanzenensemble aus Oenothera fruticosa und Ziergräsern, allen voran höhere Arten (Stipa calamagrostis – Silberährengras, Sorghastrum nutans – Goldbartgras, Gelbes Indiandergras oder Calamagrostis brachytricha – Diamantgras). Nicht zu vergessen die Gesellschaft rotlaubiger Stauden (wegen der orangeroten Knospen): Heuchera 'Palace Purple' (Rotblättriges Purpurglöckchen – an halbschattigen Standorten) oder Lysimachia ciliata 'Firecracker' (Bronze-Felberich – an sonnigen bis halbschattigen Standorten) seien hier genannt.
Oenothera fruticosa (Rotstängelige Nachtkerze) im Frühjahr
Wenn Sie eine Pflanzengesellschaft mit der Rotstängeligen Nachtkerze zusammenstellen, sollten Sie die auffällige, rötliche Herbstfärbung dieser dankbaren und pflegeleichten Garten-Staude einkalkulieren. Und eben die eventuell roten Blütenstängel, die Oenothera fruticosa haben kann, aber nicht muss. Rückschnitt? Wann es genehm ist, also im Spätsommer nach der Blüte oder erst im Frühling. So oder so treiben die Pflanzen nach der Blüte frisch durch und dieser neue Austrieb überwintert (färbt sich im Winter intensiv rotbraun). Kahlfröste (Minusgrade ohne schützende Schneedecke nennt man so) lassen daher gern mal die Blätter verbrennen. Das passiert, wenn bei Sonnenschein die Fotosynthese in Gang kommt, das dafür nötige Wasser in den Leitungsbahnen jedoch gefroren ist. Ein Winterschutz mit locker aufgelegten Fichtenzweigen ist also nicht verkehrt – nicht wegen der Kälte, sondern wegen der Sonne –, damit die Pflanzen unbeschadet ins neue Gartenjahr starten können.
Wuchshöhe: | 40-65 cm |
Blütenfarbe: | gelb |
Blütezeit: | Juni, Juli |
Lichtverhältnisse: | sonnig |
Bodenverhältnisse: | frisch |
Verwendung: | |
Hinweis: |
Diese Varietät ist auch häufig unter dem botanischen Pflanzennamen Oenothera tetragona im Handel.
Bedeutung haben bei dieser Varietät – für die ansonsten die Standort- und Pflegeempfehlungen der Art Oenothera fruticosa gelten – lediglich die Sorten. 'Sonnenwende' ist eine erprobte Sorte, die mit dunklem Laub (mehr oder weniger) und großen, sonnengelben Blüten aufwartet. Dieser Kontrast ist äußerst apart – wo's dazupasst. Da fällt mir der kleine, braunlaubige Strauch Physocarpus opulifolius 'Diavolo' (Blasenspiere) ein, in dessen Nähe sie super wirkt – sofern für ausreichend Bodenfeuchtigkeit gesorgt wird.
Wuchshöhe: | 40-60 cm |
Blütenfarbe: | gelb |
Blütezeit: | Juni, Juli |
Lichtverhältnisse: | sonnig |
Bodenverhältnisse: | frisch |
Verwendung: | |
Hinweis: |
Was für eine schöne Nachtkerze: niedriger, horstiger Wuchs mit flach auf dem Boden liegenden Trieben, große, hell- bis zitronengelbe Blüten, an denen wirklich alles gelb ist, und sehr, sehr viel Ausdauer.
Oenothera macrocarpa (Missouri-Nachtkerze) – Blüte
Die Missouri-Nachtkerze verdient einen besonderen Platz im Garten, einen, an dem man sie von allen Seiten im Blick hat und an dem sie mit ihrem fast schon "zwergigen" Wuchs nicht von anderen Gartenbewohnern verdeckt wird. So, dass man die Blüten immer gut sieht und sie in jedem Stadium bewundern kann, auch als crèmegelbe Knospen und im Verblühen, wenn sie sich orangerot färben. Fantastisch, dass dieses Blütenspektakel vom Hochsommer bis weit in den Herbst anhält.
Um zu voller Schönheit heranzuwachsen, braucht Oenothera macrocarpa einen durchlässigen Boden, denn sie verträgt keine Staunässe. Wenn Sie ihr den bieten können, ist sie eine dankbare Beetpflanze, ansonsten empfiehlt sich ein Platz im Steingarten. Apropos Steingarten: Es sieht schon extrem hübsch aus, wenn sich ihre Triebe nicht bloß über den Boden schlängeln, sondern zwischen und über Gestein. So ein Standort kommt zudem ihrer Freiheitsliebe entgegen: Die Missouri-Nachtkerze will Platz und sich nicht eingeengt fühlen.
Als Nachbarn im Beet oder im Steingarten empfehlen sich Nepeta x faassenii (Blauminze), Sedum aizoon (Dickblatt-Fetthenne, Großes Goldsedum), Asphodeline lutea (Junkerlilie), Campanula grossekii (Grosseks Glockenblume) oder Penstemon pinifolius (Pinienblättriger Bartfaden). Gut passen auch die folgenden Pflanzen, die wegen ihres Ausbreitungsdrangs allerdings einer Überwachung bedürfen und nur in gebührendem Abstand zu Oenothera macrocarpa gepflanzt werden sollten: Acanthus spinosus (Stachliger Acanthus) und Anaphalis triplinervis (Himalaja-Perlkörbchen).
Einen sehr sandigen Boden sollten Sie für diese Nachtkerzen-Art mit lehmhaltigem Substrat versetzen. Sie können ja im Fall des Falles mal im Bekannten- und Verwandtenkreis fragen, wer sich mit (schwerem) Lehmboden herumärgern muss und ein, zwei Eimer davon organisieren. Beim Düngen ist etwas Vorsicht geboten: nicht zu viel Stickstoff. Im Zweifelsfall lassen Sie es also besser ganz (Gartenböden sind ohnehin häufig stickstofflastig), bevor sich Oenothera macrocarpa nicht mehr wohlfühlt.
Trotz ihrer Abneigung gegen Staunässe, möchte die Missouri-Nachtkerze allgemein nicht zu trocken stehen, vollsonnige Standorte sind ihr dabei sehr angenehm.
Ein kleiner Vermehrungstipp für alle, denen eine Oenothera macrocarpa im Garten nicht genug ist: Sie lässt sich leicht über Triebstecklinge (Mai-August) vermehren. Dazu werden die Triebe knapp unterhalb eines Blattpaares geschnitten, diese Blätter sowie eventuell Blüten entfernt und die Stecklinge in sandige Erde gesteckt. Gleichmäßig feucht halten.
Wuchshöhe: | 25-30 cm |
Blütenfarbe: | hellgelb bis zitronengelb |
Blütezeit: | Juni, Juli, August, September, Oktober |
Lichtverhältnisse: | sonnig |
Bodenverhältnisse: | frisch |
Verwendung: | |
Hinweis: | besonders große Blüten |