Der Arznei-Ysop ist eine altbekannte Heil- und Gewürzpflanze (leichter Minzegeschmack), die schon in Großmutters Garten einen festen Platz hatte. Gesammelt wird zur Blütezeit, also im Hochsommer, denn für Tees und Abkochungen werden – frisch oder getrocknet – Blätter und Blüten verwendet. Frische, junge Blätter können sparsam zu Blattsalaten gegeben werden. Sparsam deshalb, weil das Aroma nicht jedermanns Sache ist. Erst mal vorsichtig rantasten also.
Ich überlasse den Hyssopus officinalis meistens den Insekten, denn Honigbienen, Hummeln, Schmetterlinge und viele mehr sind geradezu verrückt nach den Blüten dieses hübschen Halbstrauches; zur Wahl steht der Ysop in drei Farben: mit blauen, rosa und weißen Blüten. Er hat für den Garten einen so hohen Zierwert, dass es schade wäre, ihn radikal herunterzuschneiden, wenn er gerade am schönsten ist, nämlich zur Blütezeit. Für Heilzwecke (um ihn abzuernten) könnte man einen Ysop separat im Kräutergarten oder in einer unbeachteten Gartenecke ansiedeln. Viel braucht er ja nicht: ein trockenes Plätzchen, reichlich Sonne und seine Ruhe. Hyssopus-Pflanzen werden allerdings ordentlich ausladende Büsche, daran sollten Sie bei der Standortsuche denken.
Hyssopus officinalis (Ysop, Arznei-Ysop) in Rosa
Den Rückschnitt verschiebe ich aufs Frühjahr. Um Hyssopus in Form zu schneiden, sollte man die Gartenschere ruhig tief ansetzen, damit er schön gleichmäßig bleibt. Spätestens dabei merkt man, dass der Ysop immergrün ist, auch wenn das gar nicht so auffällt, weil die kleinen, schmalen Blättchen im Winter gern mal einen Sonnenbrand bekommen und sich rotbraun verfärben. Richtig übel wird es bei Kahlfrost (Frost ohne schützende Schneedecke; dann verbrennen die Blätter, wenn nach kalten Nächten die Sonne scheint und die Fotosynthese in Gang setzt, das dafür erforderliche Wasser in den Leitungsbahnen jedoch gefroren ist). An sonnenexponierten Standorten sollte man über ein paar davorgestellte Fichtenzweige als Winterschutz (Wintersonnenschutz) deshalb ernsthaft nachdenken. Der junge, noch zarte Frühlingsaustrieb des Ysops ist für Nacktschnecken eine dankend angenommene Bereicherung ihres Speiseplans; besonders die Schnecken-Kleinkinder sind in manchen Jahren ganz wild darauf.
Wer gern rund ums Mittelmeer urlaubt, kennt Ysop vielleicht vom Naturstandort. Inzwischen bräuchte man gar nicht mehr so weit zu reisen, denn er hat sich in Deutschland ebenfalls in freier Natur etabliert – bevorzugt in Mitteldeutschland – und trägt den Status "eingebürgerter Neophyt". Erste Insekten-Arten haben sich bereits auf den Neuankömmling eingestellt und nutzen ihn intensiver als "bloß" zum Nektartanken: Den Raupen der Gamma-Eule (Autographa gamma, ein tagfliegender Nachtfalter) dient er als Futterpflanze und die Weibchen der Acker-Schmalbiene (Lasioglossum pauxillum, 5‑6 mm groß, in Deutschland weit verbreitet und häufig) sammeln seinen Pollen als Nahrungsvorrat für die Larven im Nest.
Es wird übrigens kolportiert, dass es sich bei den Vorfahren der heute in Deutschland wild vorkommenden Hyssopus officinalis um "Kulturflüchtlinge" handelt, soll heißen, dass sich Samenkörner aus den Gärten und Parks in die freie Landschaft abgesetzt haben und dort erfolgreich gekeimt und gewachsen sind. Keine Angst, die Gefahr, dass der Ysop im Garten durch Selbstaussaat lästig wird, ist recht gering; sie geht eigentlich gegen null.
Über den Begriff "Kulturflüchtlinge" könnte man jetzt länger diskutieren. Gebraucht man ihn richtig, wenn jemand oder etwas aus einer Kultur oder vor der Kultur flüchtet? Und überhaupt: Macht die neue political correctness im Sprachgebrauch vor Pflanzen halt? Muss wohl, ansonsten wäre ja die Formulierung "Kultur-Geflüchtete" der Begriff der Wahl.
Wuchshöhe: | 40-60 cm |
Blütenfarbe: | blau, auch rosa und weiß |
Blütezeit: | Juli, August |
Lichtverhältnisse: | sonnig |
Bodenverhältnisse: | trocken |
Verwendung: | Heilpflanze |
Hinweis: | immergrün; eingebürgerter Neophyt; Pollenquelle für Wildbienen |