Enzian kennt praktisch jeder – und sei es in Form von Schnaps oder Globuli. Das Duo Enzian und Edelweiß (Leontopodium alpinum) wird dank seiner Blütenfarben Blau und Weiß zudem das Image alpenländischer Naturromantik so schnell nicht loswerden, zumindest nicht, solange beide Pflanzen in den Alpen noch am Naturstandort anzutreffen sind. Blau und weiß – wie der Himmel über Bayern! Schön!
Gentiana cruciata – Kreuz-Enzian
Viele Gentiana-Arten benötigen einen Standort, den wir ihnen in "normalen" Gärten nicht bieten können; sie brauchen wenigstens einen Steingarten oder andernorts speziell für sie vorbereitete Substrate, um existieren zu können. In jedem Fall aber ambitionierte Hobbygärtner, die ihnen das Leben in den Tallagen so angenehm wie möglich machen und die Umgebung passgenau auf ihre Ansprüche zuschneiden.
Mit den nachfolgenden vier Arten habe ich gute Erfahrungen gemacht. Drei davon gehören zwar zu den höher wachsenden Enzianen und nicht zu den zwergigen, die das klassische Bild der Alpen-Enziane verkörpern, aber egal. Hauptsache, sie werden was im Garten!
Gentiana acaulis (Silikat-Glocken-Enzian, Kiesel-Glocken-Enzian) sollte nicht "versteckt" werden
Mit deutschen – verkaufsfördernden – Namen ist dieser Enzian richtiggehend gesegnet. Hier ein paar Kostproben: Großblumiger Frühlings-Enzian, Frühlings-Enzian, Kochscher Enzian, Kochs Enzian, Stängelloser Enzian, Kurzstängeliger Enzian, Stängelloser Garten-Enzian, Keulen-Enzian, Breitblättriger Enzian. Ergo: Nur wo Gentiana acaulis draufsteht, ist auch Gentiana acaulis drin!
Dieser Glocken-Enzian braucht zur Blütezeit einen exponierten Standort. Höhere und/
Ein kalkfreier, stark saurer Standort (Kalkflieher!) im Steingarten bietet sich für diesen Enzian an, denn dort ist der Boden sicher durchlässig genug, dass es nicht zu Staunässe kommt. Das heißt nicht, dass es Gentiana acaulis trocken mag. Sie braucht schon frischen Boden und damit regelmäßige Wassergaben, wenn's nicht regnet (der Boden sollte nie ganz austrocknen). Wählen Sie einen vollsonigen Platz, aber einen, an dem die Wärme abziehen kann; auf Hitzestau reagiert Gentiana acaulis etwas empfindlich, sie mag es lieber kühler, wie sie das von zu Hause (Alpen) gewöhnt ist. Schwierig in der Kultur ist der Kiesel-Glocken-Enzian dann nicht.
Gentiana acaulis (Silikat-Glocken-Enzian, Kiesel-Glocken-Enzian) in Frühling
Für den Hausgebrauch bietet sich zur Vermehrung das Teilen nach der Blüte an. Kleine Teilstücke sollten erst ein paar Wochen in Töpfen aufgepäppelt werden, größere dürfen gleich an den neuen Standorten eingesetzt werden. Umpflanzen können Sie diesen Enzian vor oder nach der Blüte.
Gentiana acaulis behält ihre Blätter im Normalfall bis zum Frühjahr; erst dann werden sie durch den Neuaustrieb ersetzt. Ein Pluspunkt, wie ich meine, ein wenig frisches Grün im Garten ist im Winter schließlich immer willkommen.
Wuchshöhe: | 5-10 cm |
Blütenfarbe: | azurblau |
Blütezeit: | Mai, Juni |
Lichtverhältnisse: | sonnig-halbschattig |
Bodenverhältnisse: | frisch |
Verwendung: | Steingarten |
Hinweis: | einheimische Staude für stark sauren Boden; immergrün |
Einer der robustesten Enziane, aber ein lichtscheues Gesindel. Ohne einen wenigstens halbschattigen Standort, brauchen Sie mit ihm gar keine Liaison einzugehen.
In Deutschland kommt Gentiana asclepiadea im südöstlichen Baden-Württemberg und in Südbayern als einheimische Pflanze praktisch noch "flächendeckend" vor. Die Bestände sind jedoch bereits besonders geschützt, damit das mit den häufigen Vorkommen so bleibt.
Der Schwalbenwurz-Enzian siedelt an feuchten Stellen in tieferen Lagen (runter bis auf 500 m über dem Meer) an absonnigen bis halbschattigen Plätzen. Ältere, gut eingewachsene Exemplare tolerieren mehr Trockenheit, auf Dauer tun Sie Gentiana asclepiadea aber keinen Gefallen, wenn Sie sie trockener halten wollen.
Sehr konkurrenzstark ist der Schwalbenwurz-Enzian nicht, er neigt eher dazu, sich unterbuttern zu lassen. Diesen Umstand sollten Sie bei der Auswahl des Standortes und seiner Nachbarschaft zusätzlich berücksichtigen. Falls es Funkien (Hosta) sein sollen, dann am besten nicht die wüchsigsten unter ihnen, also beispielsweise keine Sieboldiana-Sorten (Hosta sieboldiana).
Wuchshöhe: | 40 cm |
Blütenfarbe: | dunkelblau |
Blütezeit: | Juli, August, September |
Lichtverhältnisse: | halbschattig |
Bodenverhältnisse: | frisch-feucht |
Verwendung: | |
Hinweis: | einheimische Staude; Sämlinge benötigen drei Jahre bis zur Blüte |
In tieferen Lagen gedeiht auch der Kreuz-Enzian. Er liebt Kalk und bevorzugt sonnige bis halbschattige Standorte und trockeneren Boden als der Schwalbenwurz-Enzian.
Gentiana cruciata ist das, was man gemeinhin eine genügsame Pflanze nennt und eine Zeigerpflanze für stickstoffarmes Substrat. Düngen gehört sicher nicht auf ihren Pflegeplan. Selbst in Beeten, um die sich ein paar Jahre niemand gekümmert hat, steht am Ende immer noch der Kreuz-Enzian; er ist unglaublich zäh. Wir haben es hier mit der idealen Staude für den sonnigen Gehölzrand zu tun. Apart auch in nicht zu kleinen Steingärten oder an deren Fuß, sozusagen als "Übergangspflanze".
Gentiana cruciata (Kreuz-Enzian) – Austrieb
Diesen Enzian möchte ich Garten-Neulingen besonders ans Herz legen. Sofern er nicht an einen dauerfeuchten Standort im tiefen Schatten gepflanzt wird, wüsste ich nicht, was man bei ihm viel falsch machen kann.
Die einheimische Gentiana cruciata ist in der Natur besonders geschützt und gilt als stark gefährdet, regional sogar vom Aussterben bedroht oder bereits verschollen (Stand Januar 2024).
Wuchshöhe: | 30-45 cm |
Blütenfarbe: | dunkelblau |
Blütezeit: | Juni, Juli, August |
Lichtverhältnisse: | sonnig-halbschattig |
Bodenverhältnisse: | trocken-frisch |
Verwendung: | Steingarten |
Hinweis: | einheimische Staude für kalkhaltigen Boden; äußerst genügsam |
Aus Tibet und dem Himalaja kommt Gentiana tibetica. Dort wächst sie in schwinderlerregenden Höhen bis 4.500 m und es ist eigentlich schon ein kleines Wunder, dass sie es in unseren Gärten im Flachland so problemlos aushält.
Der Tibet-Enzian ist jetzt keine besonders auffällige Erscheinung – sieht man mal von seinen langen, breiten und glänzenden Blättern ab –, aber etwas mehr Beachtung hätte er schon verdient. Schließlich braucht er nicht mehr als einen sonnigen Platz in ganz normalem Gartenboden, um zu wachsen und zu blühen.
Eine Unart hat er: Nach einem Sturm oder starkem Regen liegen seine langen Blütenstängel schon mal flach auf der Erde und richten sich nicht komplett wieder auf. Aber ansonsten kann man nichts gegen ihn sagen: Er wächst horstig, sät sich nicht aus, ist gut ausdauernd und passt mit seinen gelblich- oder grünlichweißen Blüten zu allen benachbarten Blütenfarben.
Wuchshöhe: | 40-60 cm |
Blütenfarbe: | gelblichweiß |
Blütezeit: | August |
Lichtverhältnisse: | sonnig |
Bodenverhältnisse: | frisch |
Verwendung: | Steingarten |
Hinweis: | schöne Herbstfärbung |