Die Glockenblume ohne Glocken. – Ihre Knospen öffnen sich nahezu vollständig zu blau(‑violetten) Sternen, ohne den sonst bei Campanula üblichen "Ballon" in den Kelchblättern. In der Draufsicht macht das keinen Unterschied, aber von der Seite betrachtet fehlt einfach was. Die Fensterchen-Glockenblume (C. fenestrellata) und die Stern-Polster-Glockenblume (C. garganica) haben allerdings einen ähnlichen Blütenaufbau; er ist also nicht so selten.
C. poscharskyana (Hängepolster-Glockenblume) hatte gut angetrieben …
Recht lange ist die Campanula poscharskyana gar noch nicht bei mir im Garten, trotzdem gibt es bereits von ersten Erfahrungen zu berichten: Eigentlich habe ich die Hängepolster-Glockenblume als Bienen-Futterpflanze gekauft, als Pollenlieferant für Wildbienen. Noch bevor die erste Blüte jedoch Pollen und Nektar anbieten konnte, diente eine dieser Pflanzen (wohlgemerkt: nur eine von sechs) als Futterpflanze der anderen Art: Über Nacht war gut die Hälfte ihrer Triebe abrasiert, nach einer weiteren Nacht fehlten auch die restlichen Triebe.
… bis sie eines Nachts "rasiert" wurde
Für ein Nachtmahl von Schnecken, die ich natürlich zuerst in Verdacht hatte, fehlte jeglicher Beweis; keine einzige noch so kurze oder schmale Schleimspur war zu entdecken. Mein zweiter Gedanke galt deshalb den Wühlmäusen, die es sich im Steingarten – dem Standort dieser C. poscharskyana – seit Jahren gemütlich machen. Belegen kann ich Mäuse als "Täter" nicht, doch aus der Luft gegriffen ist meine Vermutung ebenfalls nicht, denn Wühlmäuse auf Sammeltour richten im (Stauden-)
Andrena curvungula (Weibchen), hier auf Campanula rapunculus (Rapunzel-Glockenblume)
Die lädierte Pflanze jedenfalls hat wieder angetrieben, was unbedingt für die viel beschriebene Wüchsigkeit und das Durchhaltevermögen der Hängepolster-Glockenblume spricht. Auch wenn ihre Blüten dieses Jahr als (nachgewiesene) Pollenquelle für die beiden oligolektischen Wildbienen-Arten Andrena curvungula – eine Sandbiene – und Chelostoma rapunculi – Glockenblumen-Scherenbiene – (Näheres zu diesen beiden Arten im Kapitel Campanula und Wildbienen) sowie der polylektischen Andrena bicolor – Zweifarbige Sandbiene –, Lasioglossum nitidulum – eine Scherenbiene – und Megachile willughbiella – Garten-Blattschneiderbiene – (mehr Informationen zu diesen Bienen gibt es auf meiner Seite Wildbienen im Stauden-Garten) wohl zu spät erscheinen. – Neues Jahr, neues Glück!
Bis 70 cm lange Triebe, Umherwuchern, Selbstaussaat – ich wünschte, die Hängepolster-Glockenblume würde das in meinem Garten machen. Was müssen andere Gartenbesitzer für Böden haben (und was dürften sie gießen und düngen), damit Campanula poscharskyana so wächst und sich so gebärdet! Meine inzwischen nur noch drei Exemplare von vier im Jahr 2019 gepflanzten rühren sich kaum von der Stelle und fallen auch nicht mit Selbstaussaat auf.
Am schönsten wächst, blüht und gedeiht noch die Hängepolster-Glockenblume am trockenen Teichrand, die zum Glück und überraschenderweise bislang selten von Schnecken (und Mäusen) heimgesucht wurde; und auch die hat lange gebraucht, bis sie sich akklimatisiert hatte. Die beiden anderen wollen oder können nicht so recht, obwohl auch ihre Standorte einiges zu bieten haben und etliche ihrer Wünsche erfüllen sollten: Steingarten mit trockenem, durchlässigem Boden und halbschattiger Lage. Gut, mit der Nährstoffversorgung hapert's bei uns immer ein bisschen (Campanula poscharskyana benötigt vermutlich mehr Stickstoff, als sie bei uns bekommt), und wenn immer wieder mal Schnecken über sie herfallen, ist das für eine Pflanze auch nicht schön. Aber trotzdem hätte ich schon mehr Wuchsfreude erwartet, wenigstens etwas bei all den Vorschusslorbeeren, die diese Glockenblume in der Gartenliteratur und online um sich versammelt.
So, wie sie sich bei mir präsentiert, halte ich die Hängepolster-Glockenblume für entbehrlich – zumindest für meinen Garten. Aber irgendwo müssen die wunderbaren Fotos von wahren Prachtexemplaren ja aufgenommen worden sein, daher kann ich nur empfehlen: ausprobieren, am besten an verschiedenen Plätzen im Garten!
PS: Die vierte der 2019 gepflanzten Campanula poscharskyana wurde im dritten Standjahr so stark von Schnecken geschädigt, dass sie nicht überlebt hat.
Wuchshöhe: | 20-55 cm |
Blütenfarbe: | blau(-violett) |
Blütezeit: | Juni, Juli |
Lichtverhältnisse: | sonnig-absonnig |
Bodenverhältnisse: | trocken-frisch |
Verwendung: | Steingarten, Trockenmauern |
Hinweis: | immergrün; in Einbürgerung befindlicher Neophyt, trotzdem Pollenquelle für Wildbienen |